Bundesanleihen: Für Privatanleger noch lohnenswert?

Bundesanleihen gelten seit vielen Jahren als besonders sichere Wertanlage für institutionelle, professionelle und private Anleger. Bis heute orientieren sich viele langfristig verzinste Geldanlagen sowie Kredite innerhalb der EU an der Verzinsung von Bundesanleihen. Allerdings ist die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen vorerst negativ. Deshalb stellt sich für Verbraucher immer häufiger die Frage, ob sich die Kapitalanlage in Bundesanleihen und andere Staatsanleihen überhaupt noch lohnt.

Daniel Winterl

Redaktionsleitung FinanceScout24


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Zuletzt aktualisiert: November 22, 2023

Author Daniel Winterl

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Daniel Winterl verantwortet als gelernter Betriebswirt die Finanz- und Versicherungsthemen bei FinanceScout24, um Ihnen die wichtigsten Infos bei ihrer Suche zur Verfügung zu stellen und das richtige Angebot für Sie zu finden.

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Inhaltsverzeichnis
     

    Bundesanleihen, auch Bunds genannt, gehören zu den Bundeswertpapieren. Bei diesen Anleihen handelt es sich um Schuldverschreibungen der Bundesrepublik Deutschland mit Laufzeiten von zehn oder 30 Jahren, die an der Börse gehandelt werden können.

    Funktionsweise

    Mit Bundesanleihen kann sich die Bundesrepublik Deutschland Geld am Kapitalmarkt besorgen. Der Käufer der Bundesanleihe leiht dem Bund sein Kapital für einen bestimmten Zeitraum. Dafür erhält er eine feste Verzinsung, Kupon genannt, die jährlich ausgezahlt wird. Zugleich haben Käufer die Möglichkeit, die Bundesanleihen an der Börse zu verkaufen.

    Auf diese Weise ist es zum Beispiel möglich, trotz negativer Verzinsung eine positive Rendite mit Bundesanleihen zu erzielen. Am Ende der Laufzeit wird der Nennbetrag der Anleihe in voller Höhe an den Besitzer ausgezahlt.

     

    Bedeutung für Deutschland

    Bundesanleihen stellen für Deutschland die wichtigste Form der Eigenfinanzierung dar. Mit dem bereitgestellten Kapital über die Anleihen kann der Bund außerdem seine weiteren Verbindlichkeiten finanzieren. Rund 98 Prozent der Schulden des Bundes sowie Nebenhaushalten bestehen aus Wertpapieren, die an der Börse gehandelt werden können.

    Bundesanleihen sind mündelsichere Wertpapiere. Diese Wertpapiere sind weitgehend gegen Wertverlust geschützt. Dies bedeutet, dass Besitzer von Bundesanleihen am Fälligkeitstag genau den Betrag ausgezahlt bekommen, den sie eingezahlt haben. Die Mündelsicherheit wird auf der Basis von Paragraph 1807, Absatz 1, Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) rechtlich gedeckt.

    Neuausgabe von Bundesanleihen

    Bundesanleihen dürfen nur ausgegeben werden, wenn sie durch den Bundeshaushalt genehmigt werden. Die Ausgabe erfolgt nach Paragraph 18 der Bundeshaushaltsordnung (BHO).

    Die Höhe der Kreditaufnahme durch Bundesanleihen wird durch das Grundgesetz eingeschränkt. Dort wurde in Artikel 115 die sogenannte „Schuldenbremse“ definiert. Demnach gilt, dass „Einnahmen und Ausgaben […] grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen [sind]“.

    Ende 2021 standen insgesamt 1008,5 Mrd. € an 7-, 10-, 15- und 30-jährigen Bundesanleihen aus. Die einzelnen Anleihen verfügen dabei über ein ausstehendes Volumen von in der Regel mehr als 20 Mrd.

    Die Rendite deutscher Staatsanleihen lag im Mai des Jahres 2022 mit zehnjähriger Laufzeit bei durchschnittlich etwa einem Prozent. Verglichen mit dem Vorjahr ist dies ein Anstieg um schätzungsweise 688 Prozent. Zuvor wurden zehnjährige Bundesanleihen noch mit ungefähr -0,17 Prozent verzinst.

    Warum sind Bundesanleihen knapp?

    Die Menge der verfügbaren Bundesanleihen ist knapp, da die EZB seit einigen Jahren ein Kaufprogramm für Anleihen vorantreibt, um die Europäische Wirtschaft zu stützen. Deshalb investieren Anleger verstärkt in Bundesanleihen, um von steigenden Kursen oder einer fast 100-prozentigen Auszahlungsgarantie am Laufzeitende zu profitieren.

    Bundesanleihen sind derzeit vor allem für institutionelle Anleger interessant, die an hohe Mindeststandards für die Kapitalanlage gebunden sind. Hierzu gehören zum Beispiel Versicherungen oder andere Banken. Darüber hinaus sind auch Notenbanken an Bundesanleihen interessiert, weil sie dadurch ihre Liquidität beibehalten können.

    Auch andere Staaten bieten Bundesanleihen in Form von Staatsanleihen an. In den USA heißen diese zum Beispiel „T-Notes“ oder in Großbritannien „Gilts“.

    So unterscheiden sich Bundesanleihen von anderen Bundeswertpapieren

    Bundesanleihen Bundesobligationen Bundesschatzanweisungen
    Langfristige Geldanlage Mittelfristige Geldanlage Kurzfristige Geldanlage
    Zehn oder 30 Jahre Laufzeit Zwei Jahre Laufzeit
    Langfristige Finanzierung des Haushalts Kurzfristige Staatsfinanzierungen für Kommunen oder Einrichtungen

    Keine Ausgabe von Bundesschatzbriefen mehr

    Seit 2012 werden in Deutschland keine Bundesschatzbriefe mehr ausgegeben.

    Diese waren vom Staat erteilte öffentliche Anleihen, deren Zinssätze über die Laufzeit anstiegen. Jedoch unterlagen Bundesschatzbriefe keinem Kursrisiko und wurden nicht an der Börse gehandelt.

    Sinnvoll für Privatanleger?

    Bundesanleihen werden über die Deutsche Finanzagentur des Bundes zu festgelegten Emissionsterminen ausgegeben. Die Daten für die Emission neuer Bundesanleihen können Sie dem Emissionskalender der Deutschen Finanzagentur entnehmen.

    Die Ausgabe erfolgt in Form von zehn- oder dreißigjährigen Bundesanleihen. Die Kurse und Renditen von Bundesanleihen können auf der Website der Bundesbank eingesehen werden.

    Wenn Sie Bundesanleihen kaufen wollen, haben Sie verschiedene Möglichkeiten:

    1. Banken oder Sparkassen
      Bei nahezu jeder Bank oder Sparkasse können Sie die Wertpapiere über ein Wertpapierdepot täglich kaufen oder auch verkaufen. Für den Kauf von Bundesanleihen gibt es weder ein Mindestanlagevolumen noch einen Anlagehöchstbetrag. Beachten Sie, dass beim Kauf von Wertpapieren und der Verwaltung von Wertpapieren über ein Depot Gebühren bei Banken und Sparkassen fällig werden. Dafür werden Sie beim Kauf oder Verkauf von Bundesanleihen von den Mitarbeitern der Banken und Sparkassen beraten.
    2. Deutsche Finanzagentur
      Bei der Deutschen Finanzagentur können Sie ein sogenanntes „Schulbuchkonto“ eröffnen. Dabei handelt es sich um ein kostenloses Depot, über welches Sie Bundesanleihen sowie andere Bundeswertpapiere kaufen, verkaufen und verwalten können.

    Gewinnmöglichkeiten mit Bundesanleihen

    Üblicherweise können Anleger mit Bundesanleihen auf zweierlei Art Gewinn erzielen. Zum einen können sie bei einer entsprechend positiven Verzinsung jährlich Zinserlöse erzielen. Zum anderen können die Wertpapiere an der Börse gehandelt werden. Liegt der Kurs für eine Anleihe höher als zum Zeitpunkt des Kaufs, kann wie bei einer Aktie Gewinn erzielt werden.

    Da die Verzinsung für einige Bundesanleihen mittlerweile negativ ist, besteht die einzige Gewinnmöglichkeit für Privatanleger darin, dass die Kurse für die Anleihe steigen.

    Am Ende der Laufzeit erhalten die Besitzer der Anleihe den Nominalwert des Wertpapiers zurück.

    Stripping

    Das sogenannte „Stripping“ wurde im Jahr 1997 für manche Bundesanleihen eingeführt. Das bedeutet, dass für den Anleger der Anspruch auf jährliche Zinszahlungen vom Anspruch auf die Auszahlung des angelegten Betrags am Ende der Laufzeit voneinander getrennt wird. Die Zahlungen werden demnach in einen Kapital-Strip und einen Zins-Strip aufgeteilt. Nutzen Anleger mehrere Anleihen mit gleichem Fälligkeitstermin, können die Zins-Strips dieser Wertpapiere unter einer Wertpapierkennnummer zusammengefasst werden.

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    Vor- und Nachteile von Bundesanleihen

    Vorteile Nachteile
    • Sehr sicheres Wertpapier
    • Flexible Geldanlage, da an der Börse handelbar
    • Kein Mindest- oder Höchstanlagevolumen
    • Geringe oder negative Verzinsung
    • Nur wenige Anleihen auf dem Markt verfügbar
    • Kapital ist langfristig gebunden

    Durch die unvermindert hohe Bonität der Bundesrepublik Deutschland mit einem Rating von AAA ist das Ausfallrisiko der mündelsicheren Geldanlage für Anleger sehr gering. Die Liquidität Deutschlands ist somit sehr hoch.

    Im Gegenzug erhalten Anleger bei Bundesanleihen nur eine geringe oder manchmal auch negative Verzinsung, die wiederum zu einer negativen Rendite führen kann. Dadurch sinkt die Rentabilität. Dies bedeutet, dass manche Anleger dem deutschen Staat zum Beispiel mit zehnjährigen Bundesanleihen jährlich Geld dafür bezahlen müssen, dass sie ihm Geld leihen.

    Mögliche Risiken für Anleger

    • Gläubigerrisiko: Beim Gläubigerrisiko geht der Anleger das Risiko ein, dass der Schuldner die Zinsen oder den Nennbetrag nicht oder nur zum Teil zahlen kann.
    • Zinsänderungsrisiko: Wenn der Nominalzinssatz während der Laufzeit unter das Zinsniveau des Rentenmarktes sinkt, können Anleger Verluste machen.
    • Kursrisiko: Sinkt der Währungskurs bei Anleihen in Fremdwährungen, können Anleger beim Verkauf oder nach dem Ende der Laufzeit Geld verlieren.
    • Inflationsrisiko: Steigt die Inflation unvorhergesehen, kann dies einen Wertverlust der Bundesanleihen bewirken.

    Risikoklassen

    Durch die Einordnung von Geldanlagen in bestimmte Risikoklassen soll es Anlegern vereinfacht werden, das Risiko einer Geldanlage zu erfassen.

    Risikoklasse Risikoart Beispiele für Finanzprodukte
    A Risiko nicht vorhanden Festgeld oder Tagesgeld
    B Nur Zinsrisiko Bundesstaatsanleihen
    C Zins- oder Kursrisiko Rentenfonds
    D Zins- und Kursrisiko Investmentfonds
    E Möglicher Totalverlust Aktien oder Optionsscheine

    Ausblick für Bundesanleihen

    Anleger müssen damit rechnen, dass die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen erst einmal negativ oder sehr gering bleibt. Diese Entwicklung wird durch die extreme Ankaufspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) von Anleihen sowie das niedrige Zinsniveau der EZB begünstigt.

    Die Entwicklung könnte sich ändern, wenn institutionelle Anleger nicht mehr so häufig in Bundesanleihen investieren. Als Voraussetzung für eine solche Änderung wird eine positive Entwicklung der Weltwirtschaft angenommen. Zugleich sollen höhere Ölpreise sowie eine zunehmende Inflationsrate dafür sorgen, dass Anleger andere Produkte zur Kapitalanlage nutzen.

    So sind Bundesanleihen in Deutschland entstanden

    Das Deutsche Reich als einer der Vorläufer der Bundesrepublik benötigte nach dem 1870er-Krieg gegen Frankreich neues Kapital, um Investitionen tätigen zu können. Zu diesem Zweck wurden 1877 erstmals „Reichsanleihen“ ausgegeben. Das Volumen dieser Anleihen betrug 16 Millionen Reichsmark.

    Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gab die noch junge Bundesrepublik 1952 die erste Bundesanleihe heraus. Das Anleihevolumen belief sich auf eine halbe Milliarde D-Mark. Das Geld wurde für zum Beispiel für den Wiederaufbau verwendet. Die erste Bundesanleihe wurde außerdem in zwei Formen, als Schuldverschreibungsanleihe und als Schatzanweisungsanleihe, ausgegeben. Ursprünglich wurden auf Bundesanleihen zwei Mal jährlich Zinsen gezahlt. Seit 1971 werden die Zinsen nur noch jährlich an die Besitzer der Anleihen überwiesen.

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